02.04.2007

Kommentar: Abstimmungserfolg mit Wermutstropfen

Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger von Andermatt haben den Zonenplan wie erwarte angenommen. Der Ja-Stimmenanteil war mit 96 Prozent klar. Aber: Nur 42 Prozent der Stimmberechtigten nahmen an der Gemeindeversammlung teil. Mager, bedenkt man die Tragweite dieses Entscheides. Überspitzt formuliert hat eine Minderheit über die Zukunft des Urserntals entschieden. Die Frage bleibt, ob eine geheime Abstimmung nicht zu einem etwas anderen Ergebnis geführt hätte. Aber was soll man um den heissen Brei parlieren. An einer Gemeindeversammlung 2005 wurde beschlossen, dass Abstimmungen über Zonenplanänderungen offen stattfinden sollen. Punkt. Pikantes Detail: Dieser Entscheid fiel just einen Monat bevor das Vorhaben mit dem Andermatt-Resort publik wurde. Angenommen worden wäre die Vorlage sicherlich auch in einer geheimen Abstimmung. Aber immerhin hätten dann auch all jene ihre Meinung äussern können, die am 30. März verhindert waren: ältere Menschen, die nicht mehr so mobil sind. Bürgerinnen und Bürger, die auswärts arbeiten und es nicht schafften, rechtzeitig vor Ort zu sein. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Gastgewerbe, die an einem Freitagabend der Arbeit nicht fernbleiben konnten. Familien mit Kleinkindern, die nicht einfach alleine zu Hause gelassen werden konnten. Und last but not least alle jene, die sich bei einem Schwimmen gegen den Strom vor Repressionen fürchtete. Der letzte Punkt tönt zwar wie ein schlechter Witz – insbesondere in der ältesten Demokratie der Welt, nämlich der Schweiz. Dennoch gibt es sie in Andermatt, die Menschen mit solchen Ängsten. Menschen, die – leider – bei früheren Abstimmungen ebensolche Erfahrungen gemacht haben. Zu denken gibt auch das Votum eines der betroffenen Bauern. So scheinen die Landverhandlungen ins Stocken geraten zu sein. Funkstille in den letzten zwei Monaten. Nun sind die Landverhandlungen natürlich nicht Sache der Gemeinde, sondern des Investors. Dennoch: Wäre es gegenüber den Bauern nicht fairer gewesen, die Abstimmung über den Zonenplan so lange hinauszuzögern, bis die Landangelegenheiten bereinigt sind? Zweifellos sitzt der Investor jetzt in diesen Verhandlungen am längeren Hebel. Zufall oder knallhartes Geschäftskalkül? So wünschenswert das Resort-Projekt im wirtschaftlich gebeutelten Urserntal auch ist. Seien wir nicht allzu blauäugig. Sawiris liegt auf Platz 23 der Reichsten dieser Erde. Zu seinem Reichtum ist er gekommen, weil er ein knallharter Geschäftsmann ist. Es ist kaum anzunehmen, dass er gerade hier in Andermatt zum reinen Wohltäter wird. Er wird auch nicht alle Probleme Lösen. Im Gegenteil, das Projekt wird auch eine ganze Reihe von Herausforderungen bringen. Ein paar Stichworte: Verteuerung der gesamten Infrastruktur, veränderte Anforderungen ans Schulsystem durch den zu erwartenden höheren Anteil an fremdsprachigen Kindern, steigende – für Einheimische vielleicht unerschwingliche – Immobilienpreise, Wasserversorgung, und… und… Beruhigend ist allerdings, dass für die kommenden Phasen einige Sicherheitsventile eingebaut wurden. Der Kanton scheint diesbezüglich gute Arbeit geleistet zu haben. Bleiben wir also optimistisch, dass es in diesem Projekt zwei Gewinner geben wird: Das Userntal und Samih Sawiris.

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