Am 1. September 2007 hat die renommierte Financial Times über das Tourismusprojekt in Andermatt berichtet. Interessant sind einige Statements in diesem Artikel. So äussert sich zum Beispiel Anita Farei der Remax-Immobilienagentur in Andermatt pointiert über das Dorf: „Für praktisch jeden männlichen Schweizer Bürger war Andermatt ein Synonym für Horror. Junge Männer kamen hierher, um ihren Militärdienst zu leisten und alles, was ihnen in Erinnerung blieb, waren die Wintermärsche in Eiseskälte. Es war, als ob man nach Kosovo geschickt würde – eine Bestrafung.“ Bei solch rethorischem Geschick kann man nur sagen: Anita Farei in den Bundesrat!
Gott sei Dank sieht Samih Sawiris alles ganz anders. Für ihn ist Andermatt eine „opportunity of a lifetime“ – eine Chance also, die man nur einmal im Leben kriegt. Klar, was kann er sich hier mehr wünschen als 1.1 Mio. Quadratmeter bestes und günstiges Militärland, grossen Zuspruch in der Bevölkerung und von den Behörden, die alles unternehmen, um ihm den Weg zum Resort zu ebnen. Das Rezept ist einfach: Billiges Land kaufen, dieses mit Assets wie Hotels, Villen, Wellness und Golf veredeln – und dann teuer an den Mann bzw. die Frau zu bringen. Teuer? Nicht unbedingt. Sawiris gegenüber der Financial Times: „Wir werden dafür sorgen, dass wir für jedermann etwas haben.“ Und deutet an, dass die Startpreise relativ tief sein könnten, um den Verkauf mit Mund-zu-Mund-Propaganda anzustossen. Gleichzeitig ist er zuversichtlich, dass die Preise sich nach und nach denjenigen der Top-Resorts in den Alpen annähern werden.“ Also: Gleich zugreifen, wenn die ersten Häuser stehen. Und später – wenn Andermatt endlich ein ultimativer Tophotspot ist – das Wohneigentum mit Megagewinn verkaufen.
Gestiegen sind die Immobilienpreise freilich schon jetzt. Nur: Der Markt ist fast tot. Anita Farei: „In der Regel zieht der Markt nach Ostern an. Aber dieses Jahr passierte nichts, trotz grossem Interesse aus dem Ausland. Die Haus- und Wohnungsbesitzer spekulieren auf steigende Verkaufspreise für Immobilien, sobald das Tourismusprojekt realisiert wird. Diesen Leuten kann ich nur sagen, dass das Gegenteil eintreten wird und sie jetzt verkaufen sollten. Stehen die neuen Wohnungen und Villen einmal, wird niemand mehr an Wohnungen in hässlichen Gebäuden aus den sechziger Jahren interessiert sein.“ Wie pointiert. Schon wieder. Allerdings auch ziemlich undifferenziert. Mit einer weiteren kernigen Aussage liegt die Remax-Dame allerdings für einmal richtig: „Alles, was wir haben ist Schnee.“ Zum Glück! Denn dafür dürften uns mittlerweile viele Betreiber von Wintersportanlagen beneiden.
Apropos Wintersportanlagen: Wie es künftig weitergehen soll mit dem heute limitierten Angebot und den veralteten Anlagen, darüber äussert sich Marcel Wenger, Tourismusdirektor in Andermatt, so: “Es gibt einen Masterplan zum Ausbau des Skigebietes.“ Und fügt hinzu: „Aber es hängt natürlich auch vom Geld ab.“ Geld? Ach ja, war da nicht wer? Gemäss Financial Times spekulieren die Betreiber der Gemsstockbahnen damit, dass Samih Sawiris in die Anlagen investieren wird – und im Gegenzug eine Beteiligung erhalten soll.
Also, auf gehts! Oder wie es Karl Danioth, ehemaliger Verwaltungsratspräsident der Andermatt Gotthard Sportbahnen AG, auf den Punkt bringt: „In den letzten 30 oder 40 Jahren haben wir nicht genug getan. Jetzt haben wir die Chance, unsere Versäumnisse zu korrigieren.“
Zum Artikel der Financial Times
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2 Kommentare:
Anita Farrei hat wirklich einige bemerkenswerte Aussagen gemacht! Und sie könnte bezüglich 60er-Jahr-Wohnungen durchaus recht bekommen.... Übrigens planen die Bergbahnen eine Aktienkapitalerhöhung von 2.91 Mio. Fr. auf 12 Mio. Fr., wie man der Homepage entnehmen kann. Nicht gerade viel, wenn man an den hohen Investitionsbedarf denkt - 100 Mio. Fr. dürften kaum genügen.
Bei den 60er-Jahr-Wohnungen dürfte es beim Preis wohl v.a. auf die Lage und den Ausbaustandard ankommen. Und nicht per se auf das Alter des Objektes. Bauland war schon immer knapp in Andermatt - und wird künftig noch knapper. Nicht alle werden sich Woheigentum in "Neu-Andermatt" leisten können und wollen.
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