08.05.2007

Sawiris: "Wie St. Moritz vor 20, 30 Jahren"

Weltklasse soll das Ferienresort in Andermatt in zehn Jahren sein. Und: Mindestens 500 Mio. Dollar wird die Anlange kosten. Das und mehr geht aus einem Interview hervor, dass die NZZ mit Sawiris führte. Interview, Quelle: NZZ online, 6.5.2007: NZZ am Sonntag: Herr Sawiris, welche Investor-Logik steckt hinter Ihrem Engagement in Andermatt? Samih Sawiris: Andermatt liegt geografisch optimal zwischen Zürich und Mailand, die ja auch beide über einen Flughafen verfügen. Das Dorf ist intakt, es liegt in einer phantastischen Umgebung mit einer schönen und rauen Natur. Viele Menschen suchen heute Destinationen dieser Art. Gibt es in der Schweiz nicht schon genügend Luxus-Destinationen? Ich glaube nicht, dass dieser Markt gesättigt ist. Es fehlt im Gegenteil an genügend Destinationen. Werden Orte wie Zermatt oder St. Moritz ständig erweitert, leidet das Ortsbild und damit die Qualität. Für Schweiz Tourismus ist es aus diesem Grund wichtig, gezielt neue Destinationen zu kreieren. Wie muss man sich Andermatt in zehn Jahren vorstellen? Exklusivität in alpiner Umgebung - vielleicht so wie St. Moritz vor 20, 30 Jahren. Ihr Tourismus-Resort dürfte rasch weitere Investoren anziehen. Ist dies Teil ihres Businessplans? Im Gegenteil: Zu viel Überbauung verschandelt einen Ort. Das wird in Andermatt aber nicht passieren, weil das Platzangebot dort aufgrund der natürlichen Gegebenheiten stark begrenzt ist und wir fast alles Land, das zu kaufen war, erworben haben. Woher werden die Kunden der von Ihnen geplanten Villen kommen? Viele werden aus der Schweiz kommen. Bei den Ausländern werden die Italiener einen wesentlichen Teil ausmachen, gefolgt von Engländern und Deutschen, für die die Schweiz aus Tradition ein attraktives Ferienland ist. Visieren Sie auch die zunehmend reicher werdenden Asiaten an? Da sind wir sehr zurückhaltend. Einzelne Personen sind durchaus in der Lage, sich an einem andern Ort den Erwartungen gemäss zu integrieren. Kommen aber ganze Scharen, so ändert das den Charakter des Ortes. Konnten Sie bereits Villen in Andermatt verkaufen? Zu welchem Preis? Verkauft haben wir noch nichts, aber mein Telefon klingelt permanent. Über Preise zu reden, ist im Moment noch zu früh. Beim Verkauf werden wir nach bewährter Manier vorgehen, das heisst, wir werden die Verkaufspreise sukzessive erhöhen. So müssen wir auch nicht befürchten, den Markt für andere vorzubereiten. Wie wollen Sie verhindern, dass aus Andermatt im Sommer, nach der Skisaison, eine «Geisterstadt» aus leerstehenden Villen wird, wie dies an vielen Orten am Mittelmeer in der Winterzeit der Fall ist? Der Sommertourismus wird sich sehr gut entwickeln, unter anderem übrigens dank dem nahen See. Der 18-Loch-Golfplatz und ein Sport- und Wellnessangebot werden darauf ausgerichtet. Wir sind überhaupt nicht nur auf Schnee angewiesen. Und wie verhindern Sie leerstehende Betten von Hausbesitzern, welche nur wenige Wochen in Andermatt verbringen? Indem wir solche Objekte nur sehr limitiert verkaufen werden. Von den meisten Villenbesitzern werden wir das Recht zur Vermietung einholen. Ihr Projekt sieht Tausende von Betten vor. Wie wollen Sie den Spagat zwischen einer Kundschaft, die Exklusivität sucht, und dem drohenden Gefühl von Massentourismus schaffen? Andermatt wird eine exklusive Destination in den Alpen werden und auch nach kompletter Fertigstellung des Resorts weniger Betten aufweisen als Sedrun, Disentis oder Engelberg. Andermatt wird Weltklasse, weil dank der räumlichen Begrenzung durch die Berge kein Ausbau möglich ist. Wird man in Andermatt auch Schullager antreffen, oder bleibt der Ort einem Zirkel von Reichen vorbehalten? Sie werden nicht nur Schüler, sondern auch Rentner und viele ganz normale Touristen antreffen. Selbst wenn wir die Mischung künstlich kreieren müssten, werden wir dafür sorgen, dass sich keine Altersgruppe unwohl fühlt. Andermatt ist Ihr erstes Investment ausserhalb der arabischen Welt. Werden bald weitere folgen? In absehbarer Zeit ist nichts geplant. Mein Engagement in der Schweiz ist ja eher aus Zufall entstanden - wie übrigens all meine Projekte. Sie sehen einen Ort und entscheiden, da investiere ich? Genau so. Als der König von Jordanien unser Feriendorf Al-Gouna besuchte, lud er mich anschliessend zu sich ein und überliess mir ein Flugzeug, damit ich das Land anschauen konnte. Sofort wurde mir das touristische Potenzial Jordaniens klar. Was ist Ihr Antrieb; wollen Sie etwas gestalten oder einfach Geld verdienen? Beides. Aufgrund meiner Erfahrung erkenne ich schnell das Potenzial eines Stückes Land, das günstig zu haben ist. Daraus will ich dann Wert entwickeln und schöpfen. Sie haben in Andermatt also ein Schnäppchen gemacht? Wir kaufen immer Land, das tief bewertet ist, auf dem also noch nichts oder sehr wenig steht. Unsere Philosophie ist ganz einfach: Wir kreieren und realisieren zuerst auf einem Teil des erworbenen Landes Wert, damit der Rest des Landes, der uns auch gehört, später noch mehr Wert erhält. Und so gleichen wir die Ausgaben, die am Anfang schmerzen, wieder aus. Wie hoch wird Ihr Investment in Andermatt ausfallen? Die Erfahrung zeigt, dass sicher 500 Mio. $ nötig sind, um ein solches Resort zu realisieren. Ob es mehr braucht, wird sich in den nächsten zwölf Monaten zeigen. Sie haben soeben 15 Millionen Quadratmeter Land im Süden Marokkos, an der Grenze zur Sahara, gekauft. Was wollen Sie dort realisieren? Tourismus-Destinationen in Europa leiden unter starken saisonalen Schwankungen. Trotz vierzig Jahren Tourismus läuft beispielsweise auf den griechischen Inseln im Winter nichts, die Bewohner warten in Athen oder Saloniki auf den nächsten Sommer. In Marokko hingegen ist es, ähnlich wie auf den Kanarischen Inseln, das ganze Jahr über warm. Ihre Firma gehört zur Orascom-Gruppe, zu welcher auch Firmen Ihrer Brüder gehören. Werden Sie in Andermatt diese Synergien nutzen? Nein, wir sind unabhängig voneinander und arbeiten nicht miteinander. Jeder hat seine eigene Unternehmung. Selbst meinem jüngeren Bruder, der eine Zement- und Baufirma besitzt, habe ich noch nie einen Auftrag erteilt. Vielleicht ist gerade das ein Grund unseres Erfolgs. Interview: Daniel Puntas Bernet

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